Zukunftsstadt: Smart Cities, Gender und Privatsphäre

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It's not a Smart Home – Sarah Kember in front of her house; credit: Sarah Kember

My home isn’t only my castle, but my glass(le): Auf der Subkonferenz "Zukunftsstadt" spricht Sarah Kember zu "Smart Cities, Gender und Privacy” und entlarvt die anachronistische Geschlechter-Stereotypen in den Werbeclips für das Smart Home.

Smartphones, Smartboards, intelligente Häuser: jede Technologie ist offenbar verdammt schlau – und was ist mit uns? Intelligente Technologien werden als solche bezeichnet, weil sie scheinbar unsere persönlichen Bedürfnisse und Wünsche kennen. Das ermitteln sie durch die Daten, die wir generieren.

Das macht uns alle zu Probanden in einem Windkanal Richtung Zukunft, über die Realitäten ständig neu simuliert und verhandelt werden. Das gilt auch für die Zukunft der Städte: Smart Cities und Smart Homes und mit ihnen das Internet der Dinge sollen doch eigentlich nur unseren Alltag erleichtern und effizienter machen, indem sie uns und die Umwelt mit allerlei Sensoren vermessen und dabei einen fortwährenden Abgleich zwischen Außen und Innen, Verbrauch und Bedarf durchführen.

Jedoch können sie ebenso zu einem bedrohlichen Kontrollmechanismus auswachsen. So hat es beispielsweise der Autor und "Urbanist" Adam Greenfield in seinem lesenswerten Pamphlet "Against the Smart City beschrieben. Von den Stadtbewohnern und ihren eigentlichen Bedürfnissen ist in den Konzeptpapieren der Tech-Konzerne wenig zu sehen. Sie kommen allenfalls am Rande vor: als Konsumenten, deren Gewohnheiten von technischen Entitäten beobachtet und „gegängelt“ werden. Diese geschlossenen Systeme führen den Bewohnern nicht nur das eigene Fehlverhalten vor Augen und sanktionieren es, etwa bei zu wenig Bewegung oder zu viel Konsum. Die Konstruktion der Tools und Endgeräte erfolgt auch nach angenommenen – und teils auch erhobenen – Parametern und Daten der Nutzer, die ihnen Verhaltensmuster wie eine Schablone aufdrängen und dennoch oft nur Unterstellungen sind. Das ist auch die Ansicht von Sarah Kember, die ein Gendern von Objekten und Umgebungen ausmacht. Die Forschung der Professorin von der Goldsmith-Universität London konzentriert sich auf digitale Medien, Fragen der Vermittlung und feministische Ansätze in Wissenschafts- und Technikforschung. Sie ist involviert in Debatten zu künstlichen Umgebungen und weiteren Aspekten der Konvergenz von Biologie und Informatik. Außerdem arbeitet sie zu Fragen der "Fusion” von Wissenschaft und literarischer Fiktion.

Sarah Kember hat nun analysiert, wie erstaunlich konservativ die in Werbevideos und Verkaufsbroschüren abgebildeten Smart Home-Szenarien sind – trotz der modernen Materialien, wie beispielsweise ans Netz angebundene Glasoberflächen. In Microsofts Original-Video für die Prototypen eines zukünftigen Zuhauses backt eine "Janet" in der Küche auf ihrer intelligenten Küchenarbeitsplatte Brot, während ihr Mann im Wohnzimmer mit den Füßen auf dem Tisch über ein ausgeklügelten Hifi-System Musik hört. Vielleicht soll durch das Beharren auf althergebrachte Strukturen die Angst vor der gleißend neuen Technologie genommen werden. Mehr dazu und ganz besonders auch über das Verhältnis von Komfort und Privatsphäre in der Informationsgesellschaft wird Sarah Kember auf der re:publica berichten. Wir freuen uns auf ihr Kommen.

sarahkember.com

 

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