Wer hat die Macht? Videoplattformen vs. TV – Die mabb auf der MEDIA CONVENTION Berlin

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Christoph Krachten (CEO, Videodays) and YouTube star Philipp Steuer discussing the new YouTube generation; Credit: mabb

Als Kooperationspartner der MEDIA CONVENTION Berlin gestaltete die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) am 5. und 6. Mai 2015 den medien- und netzpolitischen Teil des Medienkongresses, der auf den Bühnen 5 bis 7 in der STATION-Berlin stattfand. Auf Stage 7 setzen sich renommierte Experten aus Medienwirtschaft und -politik mit den Herausforderungen und Machtstrukturen konvergenter Medienwelten auseinander und suchten nach Lösungen zu den Fragen, die sich aus der Verbreitung und Nutzung von Medieninhalten über das Internet sowie an den Schnittstellen von Netz- und Medienpolitik stellen. Dr. Hans Hege, Direktor der mabb (siehe Foto), eröffnete mit dem Statement, dass keine Macht auf Dauer bestünde und es Kontrolle der Macht auch im Medienbereich geben müsse. Professor Dr. Bernhard Pörksen appellierte in der anschließenden Keynote: "Wir müssen aufhören, Macht institutionell oder monolithisch zu denken. Macht ist allgegenwärtig, systemisch."

Unter diesem Motto standen die anschließenden insgesamt 20 Panels und Vorträge von und mit mehr als 40 Speakerinnen und Speakern: Olaf Scholz, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, betonte, dass Medienpolitik eine zentrale Frage der Demokratie sei und den Verbrauchern ein souveräner Umgang ermöglicht werde solle. Daher müssten Ordnungen entwickelt werden. Dabei stand für Scholz fest: "Berlin macht Netzneutralität. Da sind wir ja alle für!" Den Aspekten der Netzneutralität widmeten sich später sowohl der Vortrag von Thomas Lohninger, dem Sprecher der Initiative für Netzfreiheit, als auch das anschließende Panel, an dem sich unter anderem Dr. Cara Schwarz-Schilling von der Bundesnetzagentur und Alexander Scheuer von der Telekom zum Schlagabtausch begegneten. Zuvor widmeten sich Jan Kottmann von Google und Ulrich Kelber, der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, den konkreten Fragen zur Macht von Plattformen. Zuletzt wurden öffentliche W-LAN-Netze im Spannungsfeld von Politik, Wirtschaft und Justiz beleuchtet.

An Tag 2 setzte sich zunächst der Medienwissenschaftler Bertram Gugel in seiner Keynote mit der Frage auseinander, ob Macht nicht auch im Digitalen flüchtig sei und zeigte Herausforderungen für den noch vor kurzem unangefochtenen Marktführer YouTube auf. Auch wenn Facebook, Vine, Snapchat, Vessel und Co. noch einige Hausaufgaben zu erledigen hätten, so Gugel, seien sie schon jetzt eine ernstzunehmende Konkurrenz für YouTube.

Im weiteren Tagesverlauf stellte Christoph Krachten (CEO der Videodays) mit Philipp Steuer, Nela Lee und Alexander Giesecke eine neue Generation YouTuber vor und sprach mit ihnen über die Faktoren, die helfen, um auf YouTube erfolgreich Videos zu präsentieren. Deren einhellige Meinung wurde von Nela Lee auf den Punkt gebracht: "YouTube ist nur ein Spielbein, kein Standbein." Nachwuchsstars sollten in jedem Fall die Schule zu Ende bringen und eine Ausbildung machen.


Olaf Scholz, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg; Credit: mabb

"NutzerInnen entscheiden nach Einfachheit", erklärte anschließend Philipp Sackl, Lead Designer bei Mozilla. Man sollte wissen, welche Auswirkungen die Veränderung der Standard-Einstellungen im Browser auf die Auffindbarkeit von Inhalten haben können. Vier Prozent Marktanteil verlor Google, als der Browser Firefox in den USA seine Standardsuche von Google zu Yahoo wechselte – der größte Verlust für den Giganten aus Mountain View seit 2009. Im Gespräch mit Dr. Marcus Dimpfel (Mediengruppe RTL) und Studio71-Geschäftsführer Ronald Horstman über die Zusammenarbeit etablierter Sender mit YouTube betonte Bertram Gugel noch einmal, wie wichtig es sei, dass auf der Plattform auch Themen stattfinden, die auf den ersten Blick keine große Reichweite hätten, aber eine Nische bedienen. Marcus Dimpfel erklärte: "Das Fernsehen war früher ein zentrales Medium, heute ist es jedoch nur noch einer unter mehreren möglichen Screens."

Dennoch sollten sich Strategien nicht nur auf YouTube konzentrieren, sondern auch andere Plattformen bedienen. Denn lineares Fernsehen sei nicht tot, waren sich alle PanelistInnen einig. Events und Erlebnisse würden auch in Zukunft linear konsumiert werden, egal über welchen Bildschirm, betonte Ronald Horstman. Ähnlich sah es Julia Lettinger von Sky Deutschland: "Man muss sich den Mehrwert von Live-Content immer wieder vor Augen führen." Felix Blank, Laola1.TV, und David Hiltscher, ESL.TV, ergänzten, wie wichtig es sei, die Inhalte schon vorher in Communities und über Plattformen und Partnerschaften bekannt zu machen.

Die von ALEX TV produzierten Mitschnitte der Sessions auf Bühne 7 können hier abgerufen werden und auch auf unserer YouTube-Playliste.


Chef der Senatskanzlei und Staatssekretär Björn Böhning; Credit: mabb

Eine Anmerkung in eigener Sache der mabb: Die mabb setzt sich aktiv für Frauen auf allen Ebenen ihres Hauses ein. Auch im Rahmen von mabb@MEDIA CONVENTION Berlin sollten gleichermaßen Frauen und Männer über das gesetzte Schwerpunktthema diskutieren. Die mabb hat viele ExpertInnen für die jeweiligen Themen angefragt – erfahrene Vertreterinnen sowie Newcomerinnen, aus dem nationalen und internationalen Umfeld. Es klingt wie eine Ausrede, aber von fast allen angefragten Expertinnen sind Absagen eingegangen. Die Gründe waren dabei ganz unterschiedlich: Zunächst einmal bekleiden nur wenige Frauen im Medienbereich Führungspositionen. Andere sind nicht befugt, auf Veranstaltungen zu sprechen. Einige trauen es sich auch nicht zu, im Rahmen eines Kongresses wie der MEDIA CONVENTION Berlin zu debattieren. Die mabb hat versucht, sie zu motivieren. Das war aber leider nicht immer erfolgreich. Die mabb wünscht sich, bei der nächsten Gelegenheit mehr Frauen für einen Auftritt im Rahmen einer Veranstaltung gewinnen zu können.

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