#rp15-Speaker: Zygmunt Bauman

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Zygmunt Bauman; credit: Narodowy Instytut Audiowizualny/M. Oliva Soto (CC BY-SA 2.0) http://bit.ly/1P3j21X

Wir leben in unruhigen Zeiten. Der Grandseigneur der Soziologie, Zygmunt Bauman, bringt die Überlegungen zur Kontrollgesellschaft auf den neuesten Stand der Technik.

"Schön wär’s, wenn die von Max Weber finster versprochene, bürokratische Kontrollrationalität noch kontrollieren würde; schön wär’s, wenn, wie Adorno und Foucault vorhersagten, uns nur der Terror des Konsums und des Humanismus terrorisieren würden; schön wär’s, wenn die Störungsfreiheit der Systeme durch Appelle an die 'Autopoiesis' wiederherstellbar wäre. Schön wär’s, wenn es sich tatsächlich nur um eine Krise der Moderne handelte, die sich besänftigen ließe mit den liturgischen Formeln: mehr Markt, mehr Technologien, mehr funktionale Differenzierung, mehr rational choice, mehr Wachstum, mehr Waffen, mehr Drohnen, mehr Computer, mehr Internet und so weiter."

So die Worte des großen Soziologen Ulrich Beck, der anlässlich der Verleihung des "Preises für das Lebenswerk" der Deutschen Soziologischen Vereinigung an den ebenso großen Soziologen Zygmunt Bauman die Laudatio hielt. So einfach aber lassen sich die Dinge längst nicht mehr beheben.

In Zygmunt Baumans Denken sind Gesellschaftsgeschichte, Soziologie und Theorie der Moderne aufs Engste ineinander verwoben: Unter dem Oberbegriff des "Interregnums" analysiert er, wie die bisherige soziale und politische Ordnung der Welt zusammenbricht, ohne dass eine neue Weltordnung absehbar wäre. Für ihn steht die Frage im Zentrum, wie der Zusammenhang von Kontinuität und Diskontinuität, von Sinn und Wahnsinn gedacht werden kann – ausgehend von einer historischen Zeit-Zeugenschaft, die so nur noch selten ist. Geboren 1925 in Posen, lehrte Bauman ab 1954 Soziologie an der Universität Warschau. 1968 ging er nach Israel. 1971 erhielt er einen Ruf auf den Lehrstuhl für Soziologie an der University of Leeds, den er bis 1990 innehatte. Bauman erhielt 1989 den Amalfi-Preis, 1998 wurde er mit dem Theodor-W.-Adorno-Preis ausgezeichnet.

Bereits vor dem NSA-Spähskandal analysierte Zygmunt Bauman gemeinsam mit dem Soziologen David Lyon, dem Direktor des Surveillance Studies Centres, die gegenwärtige Kontrollgesellschaft. Niemand könne im Zeitalter des Internet sicher sein, nicht beobachtet zu werden – was zunehmend zu einer freiwilligen Konformität führe, so das Fazit [übrigens auch das von der re:publica und das von Edward Snowden]. Das ist nicht nur für die Politik eine Herausforderung, sondern auch für die Soziologie. In einem im Band "Liquid Suveillance" dokumentierten Gespräch unternahmen Zygmunt Bauman und David Lyon 2013 den Versuch, Michel Foucaults Idee des Panopticons und Gilles Deleuzes Überlegungen zur Kontrollgesellschaft auf den neuesten Stand der Technik zu bringen.

Die meisten Anwender der neuen Technologien sind hingegen unter 45 Jahren und ihnen gegenüber affirmativ eingestellt. Der Umgang mit neuen Tendenzen zu einer panoptischen oder post-panoptischen Gesellschaft ohne Vergleich oder mittels Abgrenzung ist eine große gesellschaftliche Aufgabe. Wir wollen dafür eine Bühne bieten und freuen uns sehr auf den Grandseigneur aus Leeds.

The Bauman Institute

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