#rp15-Speaker: Martha Lane Fox

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Martha Lane Fox; photo credit: Martha Lane Fox

Smart as a fox: Martha, Baroness Lane-Fox of Soho, das "Postergirl" der DotCom-Blase und ehemals das digitale Darling der Regierung Cameron, beehrt die re:publica.

Der re:publica-Blog ist nicht die Yellow Press. Wir rollen – höchstens in Gedanken – auch niemandem den roten Teppich aus. Trotzdem freut es uns, im Umkehrzug zu Günther Oettinger, dem "prominentesten deutschen Digital-Export", aus der EU ein spannendes Mitglied des britischen Oberhauses auf der Bühne begrüßen zu dürfen.

Martha Lane Fox, Baroness Lane-Fox of Soho, war das "Postergirl" der DotCom-Blase. Zumindest schrieben die Medien sie in diese Ecke. Sie gründete als Uniabsolventin ein Internet-Reiseportal, das sich nach dem Platzen der Blase und einigen Wirrungen letztendlich als erfolgreich erwies. Am Rande sei erwähnt, dass sie bei der Akquise des Startkapitals von Geldgebern gefragt wurde: "Was wird denn aus dem Unternehmen, wenn Sie in der Gründungsphase schwanger werden?" Lane Fox ließ sich nicht irritieren, sondern reflektierte stattdessen ihre Einflussmöglichkeiten – und ihre privilegierte Ausgangsposition. Gordon Brown überzeugte sie, ihr Wissen und ihre Erfahrungen in das politische Geschehen der UK einzubringen. Im Juni 2010 ernannte sie Premierminister David Cameron zum "UK Digital Champion", zum Botschafter für die Online-Welt. Ende 2013 trat sie aus Protest gegen die Pläne der Britischen Regierung zur Verschärfung der Überwachungsmaßnahmen von diesem Amt zurück. Heute ist sie Gründerin und Vorsitzende der digitalen Alphabetisierungs-NGO Go ON UK und seit kurzem Kanzlerin der Open University.

Vor Ostern hielt Lane Fox die renommierte Dimbleby Lecture bei der BBC. In dieser betonte sie, dass das Aushandeln der Spielregeln und Funktionsweisen des Internets schon immer ein Dialog zwischen Privatunternehmen und öffentliche Einrichtungen war. Und vor allem benötigt im Augenblick die bürgerliche, öffentliche, nicht-kommerzielle Seite dieser Gleichung einen Schub. Als eine der großen Aufgaben sieht sie die Integration von Diversität. (Den kompletten Text ihres Vortrags gibt es hier).

Vielleicht erklärt Fox’ Arbeitsbiografie, warum sie im Verlauf ihrer Karriere das Augenmerk auf die "Rolle der Frau" in der Gesellschaft legte. Sie sagt: "Das House of Lords ist zu 24 Prozent weiblich. In der britischen Technologiebranche sind es 17 Prozent. Dagegen arbeiten in den Ingenieurwissenschaften nur rund vier Prozent Frauen! Wir schaffen Dinge, die weniger vielfältig sind, als sie sein könnten, weil Frauen nicht in den Entwicklungsprozess eingebunden werden." Was meint sie damit? Sie erklärt: "Twitter hat verlautbaren lassen, wenn es mehr Frauen in seinem ursprünglichen Design-Team gehabt hätte, würde es eventuell das Potenzial von Einschüchterung und Belästigung mitgedacht haben. Das Apple Health Kit [eine App, die Gesundheitsdaten analysiert] ist im Stande, jeden Test am Körper durchzuführen, den man sich nur aus Schweiß , Blut und Tränen erträumen kann. Aber es kann nicht die weibliche Periode vorhersagen. Warum? Es gab nicht eine Frau im Engineering-Team."

Martha Lane Fox weiter: "Mit dem Internet als Kerntechnologie und Beteiligungswerkzeug können relevante Entscheidungen getroffen und mehr Gruppen in der Findungsphase berücksichtigt werden. Aber das erfordert bei den Menschen das Verständnis der transformativen Kraft des Netzes, und wie man es benutzt. Wir müssen das Internet ins öffentliche gesellschaftliche Leben integrieren."

Politische Verwaltung und Diskurs ist kein Schaltkreis, der nur in eine Richtung funktioniert: Civic Tech kann ein Werkzeug der Partizipation sein, und das Internet ist zumeist eines des Meinungsfreiheit.

Deswegen hat Lane Fox hat konsequenterweise ihr Amt als "UK Digital Champion" niedergelegt. In einem Rücktrittsbrief an David Cameron verwies sie zugleich auf eine Reihe ihrer Leistungen, einschließlich ihrer Bestrebungen zur Schaffung eines Digitalen Service und einer einzigen Domäne für alle Informationen der Regierung. Wir hoffen mit ihrer Außenperspektive bringt sie Anregungen zur #rp15, die auch für die Einstellung der deutschen Regierung zur Digitalisierung folgenreich sind.

 

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@marthalanefox