Für eine lebenswerte digitale Gesellschaft

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Markus Beckedahl giving his opening speech; credit: re:publica/Gregor Fischer (CC BY-SA 2.0)

"Wir müssen uns einmischen und die digitale Welt mitgestalten", so Markus Beckedahl, Mitgründer der re:publica und Chefredakteur des Blogs netzpolitik.org, in seiner Eröffnungsrede der #rp15. Lest den ganzen Text seiner Rede hier:

"Es ist wie bei und täglich grüßt das Murmeltier. Letztes Jahr forderten wir Asyl für Snowden und er muss immer noch in Russland bleiben. Aber etwas hat sich zumindest geändert: Die letzten zwei Wochen hatten wir endlich eine überfällige Debatte über das Mitwirken unserer eigenen Geheimdienste in die Netzwerke der NSA bekommen. Aber noch wird die Debatte falsch geführt. Der Fehler ist das System der Totalüberwachung. Wir wollen einen Ausstieg aus der  Massenüberwachung,  sowohl national, also auch in der EU und global. Über Wege und Strategien werden wir die kommenden Tage diskutieren.

Die Antwort der Bundesregierung auf die Enthüllungen von Edward Snowden ist bisher, sich wegducken, verschleiern und nichts zugeben. Die einzigen angekündigten Reformen bestehen darin, unseren offensichtlich weitgehend unkontrollierten Geheimdiensten mehr Befugnisse und Geld für noch mehr Netzüberwachung zu geben. Das muss endlich ein Ende haben. Wir wollen, dass auch in der digitalen Welt unsere Grundrechte gelten und wir auch online so geschützt kommunizieren können, wie wir es in unseren analogen Schlafzimmern können.

Eine weitere Reform wurde angekündigt: Der Zombie der Vorratsdatenspeicherung ist wieder da. Für fast drei Monate sollen zu unseren Verbindungsdaten wieder gespeichert werden, wahrscheinlich inklusive Standortdaten unserer mobilen Geräte und damit unseres analogen Lebens. Unsere Elterngeneration würde nie akzeptieren, dass für Wochen gespeichert wird, mit wem wir kommunizieren, wo wir waren und wen wir dabei trafen. Das wollen wir auch digital nicht – weder in  Deutschland, noch in der Europäischen Union oder sonstwo.

Und noch einmal das Murmeltier. Vor zwei Jahren hatten wir eine Debatte über Netzneutralität, die „Drosselkom“-Debatte. Seitdem ist einiges passiert. das EU-Parlament hat vor einem Jahr für strenge Regeln zum Schutz der Netzneutralität gestimmt. Unsere Bundesregierung hat sich dafür eingesetzt, dass der EU-Rat das Gegenteil beschließt. Jetzt kommt es zum Trilog mit Parlament, Rat und Kommission.

Für EU-Kommissar Günther Oettinger sind die Befürworter von Netzneutralität die Taliban. Wer demokratische Werte wie Meinungs- und Informationsfreiheit vertritt, wer Innovationen für Startups ermöglichen will, wird von ihm in eine Ecke mit Terroristen gestellt. Wir aber wollen Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit auch in einem offenen Netz in der EU verwirklicht sehen.

Es ist unsere digitale Gesellschaft. Wir müssen uns einmischen und die digitale Welt mitgestalten. Die Regeln werden jetzt gemacht, ob Datenschutz, Netzneutralität, Meinungsfreiheit oder Urheberrecht. Die wichtigen Debatten finden auf EU-Ebene statt. Überlasst die Themen nicht denjenigen, die nur ihre eigenen Interessen im Sinn haben.

Lasst uns gemeinsam für eine lebenswerte digitale Gesellschaft und ein offenes Netz kämpfen. National, in der Europäischen Union und überall."

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